Die Welt des Sports


Abgründe des Studentenalltags Teil 1
Juli 24, 2008, 11:59 am
Filed under: Sportsfreundin in L.E., Sportsfreundins Privatleben

Ein typischer Studentenmorgen: Wecker ausschalten, nochmal nen Stündchen weiterschlafen, aufstehen, Frühstücken. Und dann? Die Vorlesung hat eh schon angefangen, braucht man auch gar nicht mehr hingehen. Frühsport? Nee, da klingt ja selbst die Sache mit der Vorlesung besser. Was fängt man also mit dem angebrochenen Tag an? Richtig: das gute Internet – Retter in der Not. Als erstes werden natürlich Mails gecheckt. Zwischen allen möglichen Spam Mails die einem mit Mahnungen drohen oder Viagra andrehen wollen sammeln sich auch etliche Mails von einem gewissen Absender namens „studiVZ Zentrale“. Und da geht der Spaß erst richtig los. Die Mails, die einen über den Empfang einer Nachricht eines Freundes informieren sind wohl noch die sinnvollsten, doch zwischen ihnen befinden sich auch einige mit dem bösen G-Wort… „Du wurdest gegruschelt!“ Gruscheln – was ist das eigentlich? Was genau soll das darstellen? Und welchen Sinn hat es eigentlich, dass ich von Leuten gegruschelt werde, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hab. Laut Wikipedia (ja, selbst dort hat sich das studiVZ schon etabliert) äußert sich zum Gruscheln wie folgt: „Hierbei handelt es sich um eine Funktion zur Kontaktaufnahme mit anderen Mitgliedern. Gruscheln hat keine offizielle Definition, man interpretiert es jedoch meist als Verbindung der Wörter grüßen und kuscheln. Ich werde also von Leuten, die ich nicht kenne gegrüßt (was noch das geringere Übel darstellt) und gekuschelt… Wer fragt mich denn, ob ich das überhaupt will?! Muss ich mich den gruscheln lassen? Wieso kann ich mich nicht gegen das Gruscheln wehren? Nicht das irgendwann mal einer auf die Idee kommt mich auf offener Straße zu Gruscheln.

Aber genug vom Gruscheln, das studiVZ hat durchaus mehr zu bieten als kuschelsüchtige Leute. Wem Gruscheln nicht Kontakt genug ist, der kann sich eine Gruppe suchen. Das komplette Spektrum wird angeboten. Von „Abitur 2006 in Erfurt“ über „Erstsemester an der Universität Göttingen“ bis hin zu so sinnfreien Gruppen wie „Wir trinken Bier nur an Tagen die mit g enden… und mittwochs“ und „Ich glühe härter vor als du Party machst“. Wie schon richtig erkannt gibt es durchaus sinnvolle Gruppen, die zum Austausch von Interessen oder zur Kontaktaufnahme mit Gleichgesinnten dienen. Eine weitere Kategorie sind die Statement-Gruppen. Innerhalb dieser Gruppen wird kein Thema behandelt, nichts. Mitglied sein, das zählt! Die Aussage vertreten. Ein schönes Beispiel „Wir sind hier nicht bei ‚Wünsch dir was‘ sondern bei ’so isses‘.“ – Klare Aussage! Die Mitglieder haben kapiert, dass das Leben kein Kettenkarusell ist und wollen das auch allen mitteilen. Ob es den Rest interessiert ist ein ganz anderes Kapitel. Und dann gibt es da noch die Gruppen, für die eine sinnfreie Zone eingerichtet werden sollte, siehe die netten Alkoholbeispiel etwas weiter oben. Vor lauter Bier-, Sauf- und Vorglühgruppen sieht man das studiVZ schon nicht mehr. Es stimmt tatsächlich, man kann die Leute heutzutage nach ihrer Gruppenzugehörigkeit im studiVZ einschätzen. Gruppen wie „Ich bin eine Prinzessin und du kannst mir gar nichts“ und „Mode kann man kaufen, Stil nicht.“ deuten auf leichte Selbstüberschätzung und ein stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein hin. Vorsicht auch bei Gruppen wie „Ich komm schon besoffen zum Vorglühen“ und „Wenn ihr mich zum Auto tragt, fahr ich euch alle heim“, die deuten auf leicht exzessiven Alkoholgenuss hin. Eine Weiterentwicklung der Gruppen sind übrigens auch die Lehrveranstaltungen. Neben Einträgen wie „Informatik Lehramt“ oder „Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts“ findet man durchaus auch Lehrveranstaltungen zu den Themen „Wie überlebe ich den nächsten Morgen“ von Rainer Alkohol (man achte auf den ausgeklügelten Wortwitz!) und „An der Decke gehen für Fortgeschrittene“ von Spiderschwein. Dinge, die die Welt nicht braucht, aber für den ein oder anderen Schmunzler sind sie doch ganz gut.

Doch nicht genug, nur Gruppen zu haben wäre ja langweilig. Jeder, der ein bisschen mit dem Computer umgehen kann, darf im studiVZ Bilder hochladen. Das ist an und für sich eine ganz nette Idee. So kann ich meinen Kommilitonen zeigen, wie das Kaff aus dem ich komme aussieht oder ich kann allen zeigen, wie toll mein letzter Urlaub war… mögen sie vor Neid erblassen. Dazu verlinke ich mich auf ein paar Bildern im Bikini, damit sie noch etwas zum beneiden haben. Und nicht nur sie, nein – Jeder kann diese Bilder sehen. Wem die Bikinibilder noch nicht genug sind, der setzt halt auch noch ein paar Fotos von sich in Unterwäsche oder mit gar noch weniger dazu und fertig ist der Lack. Dabei verwechseln manche leider ästhetisch mit billig und Modellfigur mit Moppelfigur. Und hier die entscheidende Preisfrage: Wieso zeige ich meiner ganze Umwelt meinen blanken Körper? Ein geringer Teil der Bilder ist wirklich rein von der Fotografie her den Upload wert. Der Hang zum Exhibitionismus mag eine andere Erklärung dafür sein, aber gibt es inzwischen so viele davon? Der weitaus größere Teil scheint sich zu denken: „Wenn ich hier keine erotischen (ob die Fotos im Endeffekt erotisch sind sei dahin gestellt…) Fotos hochlade, dann verpasst die Welt etwas.“ Und nebenbei scheint es das Selbstbewusstsein der Mädel zu pushen, wenn dann irgendein 16-jähriger Teenie das Bild mit gehaltvollen Aussagen wie „Boah… geiles Luder!“ kommentiert. Aber wehe es kommt einer, der Kritik am Bild übt. Dann werden die Krallen ausgefahren, denn ein angekratztes Ego – Nein, das geht nicht! Hier ein Rat an all diese Leute: AUS! Die Welt verpasst nichts, absolut. Wenn ich nackte Leute sehen will, dann gehe ich an den FKK-Strand oder kauf mir irgendeine einschlägige Zeitschrift. Am Strand bekomm ich dabei sogar noch Sonnenstrahlung ab und nicht nur die Strahlung meines Monitors. Und wenn ihr trotzdem dem Gefühl nicht widerstehen könnt auf den „Hochladen“-Button zu drücken, dann lebt mit der etwaigen Kritik und fahrt nicht noch die Krallen aus. Denn denkt immer daran: Auch schlechte PR ist PR… und genau das ist es doch was ihr wollt – Auffallen!

In dem Sinne einen Gruß an alle Gruschler, studiVZ-Exhibitionisten, next Topmodels und an die, die es gern werden würden, an alle Besucher der Lehrveranstaltung „How to take over the world in 5 days“ und natürlich an alle herumlungernden Studenten, die tagtäglich unerschrocken und mutig die Weiten des studiVZs erkunden